Duzen und Siezen

In ZH, AG und auch anderswo werde ich schief angeschaut, wenn ich "Dir" und "Euch" sage, statt "Sie" und "Ihnen". Aber ebe:

Mir Bärner säge Dir 

Es isch eso und blybt derby,
Mir Bärner säge "Dir", nid "Sie".
Da chönne lang sie brichte,
"Dir" sygi grob, "Sie" sygi rächt.
He nu so de, warum de ächt,
Wird "Dir" gäng bruucht bim Dichte?

D's "Sie" passt i üsi Sprach so guet
Wie dert dä höch Zylinderhuet
Zu Chrischtes Halblynchutte,
Und so wird o die bürschi Tracht
Verbändlet jetz und stedtisch gmacht
Vo jeder dumme Hutte.

"Sie, Bäbi," seit jetz d'Frou de gly,
"Sie, bschütten Sie den Chabis chly,
Dann gäben Sie den Säuen!"
Und zu de Chnächte rüeft der Fritz:
"Sie, wei Sie ächtert ufstah jetz?
Sie müessen ga gen heuen!"

Das isch e Sprach, dass Gott erbarm,
Es lüpft mer jedesmal der Arm,
Däm "Siener" eis ga z'recke.
O redet üses Bärndütsch doch,
Das Chrousimousi tüet i ds Loch
Und fescht mit Mutte decke!

My Frou isch us em Züribiet,
Uf Bärnersite aber zieht
Si d's Härz jetz o bim Rede.
Nid händ Sie, wänd Sie, seit sie meh,
Nei, heit Dir, weit Dir, tuets Ech weh?
Sie syg vo Bärn meint jede.

Ja, 's isch eso und blybt derby,
Mir Bärner säge "Dir", nid "Sie",
Furt mit däm frömde Plunder!
Doch no viel besser weder "Dir"
Gfallt's "Du", süsch gäll ja? Dir und mir,
Das Wörtli geit nid under!

(Aus dem Gedichtband "In Grindelwald den Gletschren by" von Pfarrer Gottfried Strasser, Pfarrer in Grindelwald von 1879 bis 1912, erschienen im Verlag Heimatvereinigung Grindelwald)